Sonnige Tage verheißt die Wettervorhersage für die Mittjuliwoche! Eine gute Gelegenheit, nach der Brevetserie endlich wieder ein paar Kilometer in die Beine zu bekommen. Und ein paar Höhenmeter dazu! Der Körper soll schließlich nicht einrosten. Der Plan steht schnell! Peter, ein alter Freund, den ich schon ewig nicht gesehen habe, wohnt in Schwarzenfeld in der Oberpfalz, und er freut sich darauf, dass ich ihn besuchen will.
Am Mittwochmorgen fahre ich mit der Bahn von Berlin nach Leipzig und steige um 11 Uhr am Hauptbahnhof aus: Meine erste Etappe soll mich durch das sächsische Burgenland in die ersten Vogtlandhügel führen. Schön locker und langsam rollen, habe ich mir vorgenommen. Mein altes, frisch renoviertes Basso kommt zum Einsatz. Die Viscacha passt auch hinter den Sattel, nachdem ich einen Schutzbügel für die Colnago-Canti-Bremse montiert habe. Gut schaut das aus, und auch das Rücklicht findet noch am Anlötsockel Platz. Auf dem Rücken der kleine Deuter EXP 12, Raum genug für Ersatztrikot, „Ausgehklamotten“ und Waschzeug. Systemgewicht – Basso, Gepäck und Fahrer ca. 90 kg. So sollte ich auch ordentlich über die Hügel kommen. Die Campa-Kurbel mit 49/39 und die Kassette mit einem 28er Ritzel sollten reichen.
Aber ersteinmal muss ich aus dieser Stadt nach Süden hinauskommen! Südvorstadt, Connewitz, Markkleeberg…Die Querungen der reichlich vorhandenen Straßenbahnschienen bieten genauso reichlich Möglichkeiten, sich auf die Nase zu legen. Irgendwann bin ich raus aus der Stadt und rolle durch die Elsteraue zwischen Tagebauen hindurch nach Zeitz mit dem eindrucksvollen Schloß Moritzburg. Nein, ich mache keine Besichtigung! Ich kämpfe mich stattdessen auf dem mehr oder weniger rumpeligen Elsterradweg nach Gera. Gut, dass ich die 28 mm Conti 4seasons montiert habe und das Stahlbasso so gut federt!
Am Stadtrand von Gera verfluche ich die Wegführung, als ich irgendwo am Autobahnkreuz in einem Kornfeld lande. Zwei Kilometer zurück und dann mitten durch die Stadt Gera. Eine Mischung aus Plattenbauten, wunderschön restaurierten Jugendstilgebäuden und verfallenden Backstein-Fabrikbauten. Die Elster beginnt, sich in den Buntsandstein zu arbeiten, und ich „erfreue“ mich am teilweise grob geschotterten Weg. Aber schön ist die Landschaft hier.




Die ersten Höhenmeter warten hier auch. Also schwitzen, trinken und weiter nach Greiz mit seinem mächtigen, oben thronenden Reußenschloß. „Die Perle des Vogtlandes“ wird diese Stadt genannt. Der erst restaurierte und schon wieder vergammelnde Bahnhof, das verfallende Postfuhramt und das Hotel Thüringer Hof passen so gar nicht zu dieser Auszeichnung.


Im Hotel „Grüner Baum“ am Marktplatz bekomme ich ein schönes Zimmer. Nach ausgiebigem Duschen, Durchwaschen der Trikots mache ich mich ausgehfein und genieße ein großes „Sternquell Bier“. Dann vertilge ich das von der netten Kellnerin angepriesene Sommerschnitzel.
Während ich still genieße, bekomme ich vom Nebentisch und der dort sitzenden Seniorengruppe einen kostenlosen Sprachkurs “ Sächsisch und Vogtländisch“. Manches habe ich sogar spontan verstanden!
Nach einem zweiten Bier laufe ich hoch zur Burgruine und atme die langsam kühler werdende Abendluft. Wunderbar!

Am nächsten Morgen gehe ich nach einem guten Frühstück um acht Uhr auf die nächste Etappe.

Als ersten Ort durchrolle ich Plauen. Die gute alte Zeit der „Plauener Spitze“ ist lange vorbei. Alte Backsteinbauten zeugen von der Hoch-Zeit dieser Industrie. Passend dazu mache ich einen ungewollten Umweg durch das „Gewerbegebiet Zellwolle“ und finde danach auf den richtigen Weg nach Hof.
Knackige Anstiege warten auf mein Basso und mich. Schließlich rolle ich hinein ins Bayernland und seine blühenden Landschaften. In Hof gönne ich mir fette Hefeteilchen, eine riesigen Milchkaffee und fülle meine Trinkflaschen auf. Jetzt kommt der fieseste Teil der heutigen Etappe: Hinauf in das Fichtelgebirge und durch Orte wie Oberkotzau.
Nein, ich habe es nicht getan!
Die Beine wurden schwer, zweimal wollte ich in einer Steigung absteigen, meine Randonneursehre hat mir das aber verboten! Also rauf auf die Hügel! Mein Garmin zeigt 700 m Höhe! Fühlt sich aber bei 30 Grad an wie doppelt so hoch. Dann endlich erreiche ich Weiden. Waldnaabtal!

Es rollt wieder. Im Naabtal fülle ich nochmals meine Flaschen. Das Trikot trocknet wieder ab. Der Puls ist wieder im niedrigen Grundlagenbereich. So laufen die Kilometer durch. In Nabburg lockt mich die traumhafte Silhouette in die hoch gelegene Altstadt hinauf: Es lohnt sich!

Ich genieße die Aussicht und gönne mir ein Eis am Stiel mit Blick auf das Naabtal.


Ich kündige mein Ankommen bei Peter und Klara an. Noch 12 Kilometer an der Naab entlang, dann erwarten mich mein alter Freund, ein kühles Weizenbier und eine erfrischende Dusche. 190 Kilometer sind gepackt. Ich weiß, dass ich ganz gut über die Hügel komme. Zufriedenheit kehrt ein!

Der Abend wird lang. Unterm Apfelbaum in Garten reden wir über alte und neue Zeiten.

Und am nächsten Tag starte ich die Rückreise mit einer Zugetappe bis Werdau im Vogtland.




Dann durch Altenburg mit seinem mächtigen Schloss und wieder an Leipzig vorbei bis zum Flughafen Halle-Leipzig.

Nein! Ich bin nicht nach Berlin zurückgeflogen! Die Zugverbindung ist gut.
Um 23 Uhr bin ich wieder zu Hause. Ein Bier noch und dann tiefer, wohliger Schlaf! Natur tut gut! Und Bewegung auch! Und Freunde auch!!!
Dietmar, danke für die Antwort. Ich habe mich natürlich vertippt und meinte Leipzig nach Plauen. Aber gut zu wissen, da es südlich von Plauen schöne Steigungen gibt, die werde ich mal ausprobieren.
Hallo David, die Strecke ist etwa 60 km lang,mit nur 500 hm, und die knackigen Steigungen kommen erst südlich von Plauen. Insofern solltest Du das locker schaffen können. Außerdem liegt Gera höher als Plauen!Der Elster Radweg ist teilweise nur geschottert und schlecht zu befahren, zumindest mit dem Rennrad.
beste Grüße
Dietmar
Schöner Bericht, so eine ähnliche Strecke werde ich auch nächsten Monat fahren! Als nicht so geübter Fahrer wird es sicherlich eine Herausforderung! Wie realistisch ist es denn, an einem Tag von Gera nach Plauen zu kommen? Ich überlege nämlich, ob es doch nicht besser wäre, die Strecke doch von Süden nach Norden zu fahren.
Viele Grüße
David
Ah, jetzt verstehe ich das, wir waren zeitgleich in derselben Region unterwegs:
„700 m Höhe! Fühlt sich aber bei 30 Grad an wie doppelt so hoch. “
Genau so war es. Ich habe ganz schon geglüht!