Der nahende Winter wird die Farben bald aus Wald und Feld herauswaschen. Heute lacht noch einmal die Herbstsonne, ein kleines Hoch bringt Kälte, aber auch blauen Himmel und lockere Cumulusbewölkung. Nach Norden am Oranienburger Kanal entlang lotse ich Peter und Wolfgang durch den drei Grad kühlen Morgen. Hohen Neuendorf- est? Da ist wohl ein Buchstabe heruntergefallen. Auch dieser Bahnhof fristet ein kümmerliches Dasein, wie so viele andere, die ihre ursprüngliche Funktion verloren haben – kein Service, nur ein einsamer Ticketautomat beim Wartehäuschen. Das Gebäude gammelt verlassen vor sich hin und ist zur Leinwand für die Graffiti-Sprayer geworden.
Gegenüber die reine Idylle. Zumindest in diesem Eckchen des Ortes möchte ich nicht lang verweilen. Ein Grund mehr, bei Borgsdorf auf den Kanalweg zu wechseln.
Hier sind zwar ein paar Hindernisse für die Crosser eingebaut, aber schön ist es hier. Die Bäume spiegeln sich im Wasser und strahlen uns mit ihren verbliebenen Blättern an.
Nach der Querung von Oranienburg von West nach Ost gelangen wir zum Oder-Havel-Kanal. Der Radweg ist einer der schönsten, die ich kenne. Als Teil des Fernweges Berlin-Kopenhagen ist er auch gut beschildert und gut zu finden. Unsere Laune könnte nicht besser sein. Abwechselnd rufen wir uns unsere Begeisterung für die herrliche Natur zu. Das muss einfach raus!
Auf dem Abschnitt von Neuholland nach Liebenwalde durchschneiden kilometerlange Pappelalleen die Felder. Gelbgrün heben sich die Baumspitzen vom blauen Himmel ab. Graugänse und andere nach Süden reisende Federtiere sitzen zu Hunderten auf den Feldern und genießen die Sonnenstrahlen.
An der Bäckerei Kowsky in Hammer bei Liebenwalde kommen wir nie ohne Halt vorbei. Zu lecker schmecken Mohn- und Apfelkuchen. Nebenbei: Hier wird noch mit selbst gemachtem Natursauerteig gebacken. Meister Beuster beherrscht sein Handwerk, und die Verkäuferin macht ihren Job ganz offensichtlich gerne.
An der Wand hinter der Sitzecke sind allerlei Informationen aus dem Örtchen zu finden. Diese Bäckerei ist offensichtlich Treffpunkt der Einwohner zum Kaufen und zum Klönen.
Am Abzweig nach Liebenthal hat sich ein unbekannter Künstler eine Landschaftsszene an die Hauswand gemalt. „Kunst am Bau“.
Nach Osten führt unser Weg nach Groß Schönebeck – durch lange, leuchtende Eichenalleen. Da lacht das Herz der Randonneure.
Der Gasthof Schorfheide bittet zum Wildbuffet. Kein Wunder, um Groß Schönebeck herum werden auch jetzt noch reichlich Wildschweine, Rehe und Hirsche gejagt. Von 1871 bis 1918 jagten die drei deutschen Kaiser Wilhelm I., Friedrich III. und Wilhelm II. in der Schorfheide. Eine Ausstellung im Jagdschloß zeugt von dieser Zeit, beherbergt aber auch eine Ausstellung über Max Schmeling, den großen Boxer, Naturliebhaber und Jäger. Auch Hermann Göring hat von hier aus seine Jagdausflüge gestartet. Aber dazu gleich mehr, wenn wir in Eichhorst einrollen.
Randonneure beim Bändigen eines steinernen Wisent.
Der oben erwähnte Hermann Göring ließ 1934 dieses Relief vom Bildhauer Max Esser fertigen.“Einst zog uriges Großwild durch Deutschlands Wälder seine Fährte. Jagd war Mutprobe unserer germanischen Vorfahren. Im Jahre 1934, unter Reichsjägermeister Hermann Göring, entstand an dieser Stelle ein Urwildgehege. Wisent, Auer, Elche, Wildpferde, Biber und anderes Getier fanden darin eine Freistätte und sollten Zeugnis geben von dem Tierreichtum des einst von Menschen noch nicht beherrschten Deutschland!“ So ist es, pathetisch geschrieben, auf der Rückseite des Denkmals zu lesen.
Das ursprünglich eingearbeitete Hakenkreuz wurde weggemeißelt. Aber immer noch wirkt der Tonklotz wie ein Relikt aus der Zeit des Dritten Reiches.
Wolfgang führt uns auf den Radweg zur Schleuse Rosenbeck und dann zum Schleusengraf in Marienwerder. Hier kann man während der Saison gut eine Rast einlegen und es sich bei Bier und leckeren Happen gut gehen lassen. Heute verschmähen wir das Angebot und fahren weiter auf dem Radweg Berlin – Usedom nach Biesenthal und dann nach Bernau.
In Biesenthal ist das Café Auszeit eine gute Adresse, nur, wir haben uns die Pause hier noch nicht verdient, also bleibt es beim Schauen. Dann ab durch den Wald nach Bernau. Ein paar fiese Bodenwellen zwacken richtig in die Oberschenkel. So soll es sein!
Und in Bernau kehren wir ein im „Leiterwagen“. Das Bier schmeckt, der Lachs auch.
Peter muss noch nach Potsdam, und wir finden eine passende Verbindung vom Startort aus. Also wieder zurück auf „Los“. Hin zum Bahnhof Hohen Neuendorf-West. 18.26 Uhr fährt der RB nach Potsdam.
Hier schließt sich der Kreis für heute. 120 Kilometer. Sonne, Licht, Farben, herrlicher Herbst. Es hat gut getan.
irgendwann aber solltet ihr mal in Wustrau vorbeikommen. Dort steht mien Lieblingscafe: constanze
Da lacht auch das Herz beim Lesen! Sehr schöne Herbstfarben und schriftliche Mitfahrgelegenheit. Läßt mich den Bürotag vergessen. Danke an die radelnden Herren!